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Was ist biologiedidaktische Lehr-Lern-Forschung?
Die Didaktik der Biologie verstehen wir – kurz gesagt – als die Lehre vom Lernen und Lehren der Biologie. Die biologiedidaktische Forschung ist mit ihren nunmehr 40 Jahren eine relativ junge Forschungsdisziplin an deutschen Hochschulen. Zugleich ist sie durch eine Vielfalt in Methoden und Theorien gekennzeichnet. Die daraus resultierende anwendungsbezogene biologiedidaktische Forschung unterscheidet sich von Grundlagenforschung durch Fragestellungen, die eine besondere Relevanz für die Praxis besitzen. Sie baut dabei auf den Ergebnissen der Grundlagenforschung verschiedener Bezugsdisziplinen auf. Beispielsweise nutzen Biologiedidaktikerinnen und Biologiedidaktiker kognitionslinguistische Theorien um zu untersuchen, welche biologiespezifischen Vorstellungen Schülerinnen und Schüler besitzen und wie diese erkannt und verändert werden können. Oder sie explorieren auch spezifische Lernwege, beispielsweise zum Thema Evolution oder Fotosynthese, und zielen dabei stärker auf Diagnosekompetenzen von Lehrkräften. In diesem Sinne ist Didaktik der Biologie eine Metawissenschaft, denn sie befasst sich sowohl mit der Reflexion als auch mit der Vermittlung von Biologie.
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Was ist Vorstellungsforschung?
Der aus dem Alltag bekannte Begriff „Vorstellung“ wird vielfältig verwendet, hat aber in der fachdidaktischen Forschung eine genau definierte Struktur. Als Vorstellung werden alle mentalen Repräsentationen von sinnlichen Wahrnehmungen unseres Erlebens (=Erfahrung) bezeichnet. Dabei kann es sich sowohl um Strukturen mit eher geringem Bedeutungsumfang handeln, wie z.B. um einen Eisbecher. Aber auch zu größeren Bedeutungseinheiten, wie z.B. zum Individualismus, entwickeln wir eine Vorstellung. Auch wenn Ihnen sicher aufgefallen ist, dass sich unsere Vorstellungen eines Eisbechers womöglich unterscheiden (Ich denke an Schokoladeneis und Sie?), wird es bei Individualismus noch spannender: Während Sie einen Eisbecher sehen, riechen, fühlen und schmecken können, kann Individualismus durch keine sinnliche Wahrnehmung direkt erschlossen werden – es handelt sich daher um ein Abstraktum. Trotzdem haben Sie vielleicht eine Vorstellung von diesem Begriff. Das heißt, Sie besitzen eine mentale Repräsentation, welche aus sinnlicher Wahrnehmung konstruiert werden musste! Welche Erfahrung Sie dafür verwendet haben und welche Vorstellungen sich daraus ergeben können, ist Gegenstand unserer Forschung.
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Was sind biologiedidaktische Theorien und Methoden?
Als Forschungsrahmen verwenden wir das Modell der Didaktischen Rekonstruktion und eine erfahrungsbasierte Verstehenstheorie. Sie hilft Lehramtsanwärtern aber auch erfahrenen Lehrkräften dabei, einen neuen Einblick in Lehr-/Lernprozesse zu gewinnen, diese besser zu verstehen und darauf aufbauend fruchtbare Lernangebote zu entwickeln.
Wir verstehen die Didaktik der Biologie als eine empirische Wissenschaft und erforschen insbesondere die Lernvoraussetzungen (wie Alltagsvorstellungen, Einstellungen, Interessen und Gefühle) sowie die Lernprozesse (wie Lernmöglichkeiten und -herausforderungen) in Bezug auf die didaktisch rekonstruierten Lernangebote. Je nach Forschungsfrage nutzen wir dabei qualitative oder quantitative Methoden.
Diese Schwerpunkte stehen in enger Verbindung mit weiteren Themen wie der Vermittlung von Biologie mit digitalen Medien, der Beratung schulischer und außerschulischen Institutionen und der Wissenschaftskommunikation. Die vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen unseren Arbeitsbereichen werden in unterschiedlichen Projekten von den Mitarbeitenden des Fachgebiets bearbeitet. Studierende sind dabei aktiv eingebunden – etwa im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten – und tragen so zur Weiterentwicklung unserer Forschung bei.
Unser Ziel ist die Verbesserung des Lernens und Lehrens der Naturwissenschaften.
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Wie verbinden wir Forschung und Lehre?
Die spezifische Herausforderung der Biologiedidaktik ist ihre Stellung zwischen der Fachwissenschaft auf der einen und den Schülern auf der anderen Seite. Leider können Vorstellungen nicht einfach von Lehrkräften zu Lernenden weitergegeben werden. Es hat sich gezeigt, dass die fachlichen Vorstellungen in den meisten Fällen den Alltagsvorstellungen geradezu widersprechen, wir sagen sie sind kontrainduktiv. Was sich also in unseren Alltagsvorstellungen bewährt hat, erweist sich in einem fachlichen Kontext häufig als nicht zutreffend. In unseren Veranstaltungen lernen Sie daher fachliche Vorstellungen zu klären, Schülerperspektiven zu erfassen und darauf aufbauend Lernangebote didaktisch zu rekonstruieren (vgl. Kattmann et al. 1997). Entsprechend dieser Betrachtung bilden wir keine ausschließlichen Fachwissenschaftler:innen oder reinen Pädagog:innen aus. Vielmehr muss Ihre Kompetenz diese Fächer verbinden: Die spezifische Kompetenz von Biologielehrer:innen liegt also in der Gestaltung von Vermittlungs- und Aneignungsprozessen, die naturwissenschaftliche Vorstellungen betreffen.
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Wie können wir Sie auf dem Weg zur fachdidaktischen Exzellenz unterstützen?
Wir Didaktiker möchten Sie auf Ihrem Weg zur/zum Expert:in für das Lernen und Lehren von Naturwissenschaften begleiten. Deshalb sind unsere Seminare und Praktika mehrperspektivische Veranstaltungen, in denen Studierende eigene Lehrerfahrungen machen sollen. Unsere Seminare orientieren sich am Prinzip des „didaktischen Doppeldeckers“ (vgl. Wahl 2005) und bauen auf der biologiedidaktischen Lehr-Lernforschung auf. In unseren Veranstaltungen wechseln sich Phasen der modellhaften Lehrveranstaltung mit Phasen, in denen das Erlebte gemeinsam reflektiert wird, ab. Studierende erleben sich dabei sowohl in einer Lern- als auch Lehrrolle. Die Planung, Durchführung und Reflexion eigener Lehrversuche steht im Vordergrund und wird von uns freundlich-kritisch begleitet. Lehramtsstudierende können so eine didaktische Reflexionskompetenz erwerben, die ihnen später auch im Berufsleben zur Verfügung steht. Gleichzeitig werden so naturwissenschaftliche Denk-und Arbeitsweisen mit theoretischen und methodischen Gestaltungselementen (wie Unterrichtschoreografie, Lernziele, Sozialformen, Medieneinsatz etc.) verknüpft.